Sigurd Rascher

Sigurd Rascher - Dank an einen Pionier

S. Rascher (Foto: privat, Carina Rascher)

Die ARDESA e.V. möchte Ihr 30jähriges Jubiläum als Anlass nehmen, einer Persönlichkeit zu danken, ohne die das klassische Saxophon in Deutschland nicht dort wäre, wo es sich befindet. Die Rede ist von Sigurd Rascher, dem wohl wichtigsten Saxophonpionier der vergangenen Zeit.

Dieser herausragende Musiker und Saxophonist hat einen sehr bemerkenswerten Lebensweg beschritten, der Generationen von Saxophonisten geprägt und die Spieltechniken des Saxophons erweitert hat. Er inspirierte unzählige Komponisten Werke für Saxophon zu schreiben und bereitete den Weg für die Etablierung des klassischen Saxophons.

Seine Errungenschaften wirken bis heute nach, durch seine ehemaligen Schüler, durch Fachartikel, Saxophonschulen, historische Aufnahmen und die unermüdliche Energie mit dem er das Saxophon auf den Konzertpodien der Welt präsentierte.

Sigurd Raschèr wurde am 15. Mai 1907 in Elberfeld, heute Wuppertal, als Sigurd Manfred Rascher geboren. In den 20er Jahren wurde er als klassischer Klarinettist an der Musikhochschule in Stuttgart ausgebildet. Um sich Geld dazuzuverdienen, lernte er das Saxophon und spielte in Tanzlokale und Kurorte in Deutschland, Schweiz und Niederlande. Einer seiner Freunde, der Sänger Georg Walter, drängte ihn auf dem Saxophon die Musik von Bach zu spielen und Raschèr’s Skepsis gegenüber dem Instrument verschwand schnell. Er erkannte die großen Möglichkeiten des Saxophons und setzte sich zum Ziel, das Instrument in einer nie da gewesenen Virtuosität und mit seriösem Repertoire auf die Konzertbühnen der Welt zu bringen. Er hatte nie eine Saxophon - stunde. Ab 1933 siedelte er nach Berlin über; da begann seine Weltkarriere.

Nach der Machtergreifung der Nazis, emigrierte er 1934 nach Dänemark wo er an die Königliche Musikakademie in Kopenhagen eine Professur für Saxophon innehatte. Kurz danach folgte auch eine Professur in Schweden, wo er später seinen Wohnsitz verlegte und AnnMari Wigen heiratete. Eine Konzertreise führte ihn 1939 nach Boston und New York und er entscheid sich, nach dem Kriegsausbruch in Europa, 1941 in die USA auszuwandern.

Er trat als Solist mit mehr als 250 Orchestern und Bläserensembles weltweit auf, unter anderem mit dem Boston Symphony Orchestra und in der Carnegie Hall mit dem New York Philharmonic Orchestra, bei dem er 1939 unter dem Dirigenten Sir John Barbirolli als erster Saxophonsolist seit der Gründung des Orchesters spielte.

Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits namhafte Komponisten wie Jacques Ibert, Alexandre Glazounov, Lars-Erik Larsson, Frank Martin und Paul Hindemith Werke für Ihn geschrieben.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde Rascher 1947 nach Europa eingeladen um wieder Konzerte zu geben. Auch in Amerika wurde er immer bekannter und hatte unzählige Auftritte als Solist mit Symphonie- und Universitätsorchestern. Neben etlichen Auszeichnungen wurde ihm auch der „Band Masters of America Award“ verliehen.

Konzertreisen führten ihn regelmäßig nach Europa und USA wie auch Meisterkurse an zahllose Universitäten, Colleges und Musikhochschulen, auch in Deutschland

S. Rascher (Foto: Keyless and 36 in Top Tones)

Rascher, dem zeitgenössische Komponisten mehr als 200 Werke widmeten, war einer der wichtigsten Förderer des Saxophons als klassisches Konzertinstrument. Er inspirierte Hunderte von Komponisten wie etwa Glazounov, Ibert, Martin oder Hindemith Werke für Saxophon zu komponieren. Dabei ist anzumerken, dass keines der Werke von Rascher selbst in Auftrag gegeben und bezahlt wurde, sondern er vielmehr die Komponisten durch seine Spielweise und die dadurch aufkommende Popularität des Saxophons, inspirierte und somit neue Werken entstehen ließ. Rascher fertigte auch unzählige Transkriptionen an, verfasste Unterrichtsmaterial und hielt Vorträge zum Saxophon und dessen Spielweise. Ein besonderer Verdienst ist die Erweiterung des herkömmlichen Saxophonregisters (von 2,5 auf 4 Oktaven), um das sog. Altissimo-Register. Bereits 1935 verfasste er eine Grifftabelle das sich später in das weltweit bekannte Buch „Top Tones for the Saxophone“ entwickelte. Nach anfänglicher Skepsis anderer Spieler, ist die „hohe“ Lage heutzutage Basis des modernen Saxophonspiels geworden.

1969 gründete er zusammen mit seiner Tochter Carina, Bruce Weinberger und Linda Bangs das Raschèr Saxophone Quartet, das bis heute in neuen Besetzungen regelmäßig in den bedeutendsten Konzertsälen der Vereinigten Staaten, Asiens, Australien, und Europas auftritt.

S. Rascher (1930, Foto: New York Times)

In den 60er und 70er Jahren engagieret sich Rascher in der Anti-Atomkraft-Bewegung.

In späteren Jahren war er sehr naturverbunden, pflegte seinen Garten und schöpfte Kraft aus der Gärtnerei und Aktivitäten in der Natur.

Rascher starb am 25. Februar 2001 mit 93 Jahren in Shushan (New York) und gab noch als weit über Achtzigjähriger Meisterkurse und Unterricht.

Studenten und Schüler berichten einstimmig, dass Rascher sein Leben dem Saxophon und einer wahren, puren und frei von Eitelkeit praktizierten Musik widmete.

Er war einer der ersten Virtuosen auf dem Saxophon, der die Welt alle Möglichkeiten, des um 1842 von Adolphe Sax erfundenen Instruments zeigte.

Generationen von Saxophonisten profitierten und profitieren heute noch von Raschèr’s Pioniergeist, der dem Saxophon seinen gerechten Platz unter den Orchesterinstrumenten verschaffte, neue Spielweisen und großartige Musik für dieses Instrument entstehen ließ